Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) regelt den Umgang mit Betäubungsmitteln in Deutschland. Es dient dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels. Verstöße gegen das BtMG werden strafrechtlich verfolgt und können erhebliche Konsequenzen für die Betroffenen haben. In diesem ausführlichen Beitrag informieren wir Sie über die relevanten Straftatbestände, die möglichen Strafen und welche Verteidigungsstrategien es gibt. Zudem erläutern wir, warum eine frühzeitige anwaltliche Beratung entscheidend sein kann.


Überblick über das Betäubungsmittelgesetz (BtMG)

Das BtMG enthält Vorschriften über die Herstellung, den Handel, den Besitz und die Einfuhr von Betäubungsmitteln. Es unterscheidet dabei zwischen erlaubten und unerlaubten Handlungen. Erlaubte Handlungen sind in der Regel genehmigungspflichtig und beschränken sich auf bestimmte Bereiche wie medizinische oder wissenschaftliche Zwecke.

Klassifizierung von Betäubungsmitteln

Betäubungsmittel werden in drei Anlagen zum BtMG eingeteilt:
  1. Anlage I: Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel (z. B. Heroin, LSD)
  2. Anlage II: Verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel (z. B. Rohstoffe für die Herstellung von Drogen)
  3. Anlage III: Verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel (z. B. Morphin, Methadon)

Wichtige Straftatbestände nach dem BtMG

1. Besitz von Betäubungsmitteln (§ 29 BtMG)

Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln ist eine der häufigsten Straftaten im Zusammenhang mit dem BtMG.
  • Tatbestand: Besitz von Betäubungsmitteln ohne gültige Erlaubnis.
  • Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
Geringe Menge zum Eigenverbrauch In einigen Bundesländern kann bei Besitz einer geringen Menge zum Eigenverbrauch von einer Strafverfolgung abgesehen werden. Die Definition der „geringen Menge“ variiert je nach Bundesland und Art des Betäubungsmittels.

2. Handel mit Betäubungsmitteln (§ 29 BtMG)

Der Handel umfasst das Verkaufen, Veräußern, Abgeben oder sonstiges Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln.
  • Tatbestand: Unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln.
  • Strafrahmen: Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 15 Jahren, abhängig von der Menge und anderen Umständen.

3. Einfuhr von Betäubungsmitteln (§ 29 BtMG)

Die Einfuhr bezieht sich auf das Verbringen von Betäubungsmitteln über die deutsche Grenze.
  • Tatbestand: Unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln.
  • Strafrahmen: Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 15 Jahren.

4. Anbau und Herstellung von Betäubungsmitteln (§ 29 BtMG)

  • Anbau: Das Anpflanzen von Pflanzen, aus denen Betäubungsmittel gewonnen werden können (z. B. Cannabis).
  • Herstellung: Die Gewinnung, Zubereitung oder Verarbeitung von Betäubungsmitteln.
  • Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe; in schweren Fällen höhere Strafen.

5. Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a BtMG)

Wenn die Menge der Betäubungsmittel die „nicht geringe Menge“ überschreitet, wird der Tatbestand als Verbrechen eingestuft.
  • Tatbestand: Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ohne Erlaubnis.
  • Strafrahmen: Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
Definition der nicht geringen Menge Die „nicht geringe Menge“ ist gesetzlich nicht exakt definiert und hängt von der Art des Betäubungsmittels ab. Gerichte orientieren sich an festgelegten Grenzwerten, z. B.:
  • Cannabis (THC): Ab ca. 7,5 Gramm reinem THC.
  • Kokain: Ab ca. 5 Gramm reinem Kokainhydrochlorid.
  • Heroin: Ab ca. 1,5 Gramm reinem Heroinhydrochlorid.

Strafmaß und rechtliche Konsequenzen

Die Strafen für Verstöße gegen das BtMG variieren je nach Art und Schwere der Tat.

Mögliche Strafen

  • Geldstrafe: In weniger schweren Fällen oder bei geringen Mengen.
  • Freiheitsstrafe: Je nach Tatbestand von wenigen Monaten bis zu 15 Jahren.
  • Bewährungsstrafen: Unter bestimmten Voraussetzungen möglich, insbesondere bei Ersttätern und geringfügigen Vergehen.
  • Verfall und Einziehung: Betäubungsmittel, Geld und Gegenstände, die im Zusammenhang mit der Tat stehen, können eingezogen werden.

Führerscheinrechtliche Konsequenzen

Auch wenn die Tat nicht im Straßenverkehr begangen wurde, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Die Fahrerlaubnisbehörde kann Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen anmelden.

Eintragung ins Bundeszentralregister

Verurteilungen werden im Bundeszentralregister eingetragen und können im polizeilichen Führungszeugnis erscheinen, was berufliche Konsequenzen haben kann.

Verteidigungsstrategien bei Verstößen gegen das BtMG

Eine effektive Verteidigung erfordert eine individuelle Analyse des Falles und eine fundierte Kenntnis der Rechtsprechung.

1. Geringfügigkeit und Eigenbedarf

  • Geringe Menge zum Eigenverbrauch: In manchen Fällen kann das Verfahren nach § 31a BtMG eingestellt werden.
  • Verhandeln mit der Staatsanwaltschaft: Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung gegen Auflagen.

2. Fehler bei polizeilichen Maßnahmen

  • Rechtswidrige Durchsuchungen: Wenn die Durchsuchung ohne richterlichen Beschluss oder ohne Gefahr im Verzug erfolgte.
  • Verwertungsverbote: Beweise, die unrechtmäßig erlangt wurden, können unter Umständen nicht verwertet werden.

3. Fehlender Vorsatz

  • Unwissenheit über den Besitz: Wenn der Täter nicht wusste, dass er Betäubungsmittel bei sich hatte.
  • Irrtum über die Substanz: Glauben, es handle sich um eine legale Substanz.

4. Therapie statt Strafe (§ 35 BtMG)

  • Therapie statt Strafe: Bei Drogenabhängigkeit kann unter bestimmten Voraussetzungen von Strafe abgesehen werden, wenn sich der Betroffene einer Therapie unterzieht.

5. Kronzeugenregelung (§ 31 BtMG)

  • Aufklärungshilfe: Wer wesentlich zur Aufklärung einer Tat beiträgt, kann Strafmilderung oder Straffreiheit erlangen.

Der optimale Zeitpunkt zur Mandatierung eines Anwalts

Bei Verdacht oder Vorwurf eines Verstoßes gegen das BtMG ist es ratsam, sofort einen erfahrenen Strafverteidiger zu konsultieren.

Vorteile der frühzeitigen anwaltlichen Unterstützung

  1. Schutz vor Selbstbelastung: Beratung zum Aussageverhalten gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft.
  2. Akteneinsicht: Nur ein Anwalt erhält vollständige Akteneinsicht und kann die Beweislage prüfen.
  3. Entwicklung einer Verteidigungsstrategie: Individuelle Beratung und Planung des weiteren Vorgehens.
  4. Verfahrensbeeinflussung: Möglichkeit, auf Verfahrenseinstellungen hinzuwirken oder mildernde Umstände geltend zu machen.
  5. Begleitung bei Therapieangeboten: Unterstützung bei der Beantragung von Therapie statt Strafe.

Ablauf einer Verteidigung bei BtMG-Verstößen

  1. Erstgespräch und Mandatierung
    • Schilderung des Sachverhalts.
    • Erste rechtliche Einschätzung.
    • Klärung des weiteren Vorgehens.
  2. Akteneinsicht und Analyse
    • Prüfung der Ermittlungsakte.
    • Bewertung der Beweismittel.
  3. Entwicklung der Verteidigungsstrategie
    • Identifikation von Fehlern im Verfahren.
    • Prüfung von Einstellungsmöglichkeiten.
    • Überlegung von Therapieoptionen.
  4. Kommunikation mit den Behörden
    • Stellungnahmen abgeben.
    • Anträge stellen.
  5. Hauptverhandlung
    • Vorbereitung auf die Gerichtsverhandlung.
    • Vertretung vor Gericht.
  6. Nachsorge
    • Besprechung des Urteils.
    • Beratung zu Rechtsmitteln.

Tipps für Betroffene

  • Keine Aussagen ohne Anwalt: Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch.
  • Keine Zustimmung zu Durchsuchungen ohne richterlichen Beschluss: Verlangen Sie eine richterliche Anordnung.
  • Beweise sichern: Sammeln Sie entlastende Unterlagen oder Zeugenaussagen.
  • Therapiebereitschaft zeigen: Bei bestehender Abhängigkeit kann dies positiv berücksichtigt werden.

Besonderheiten bei Jugendlichen und Heranwachsenden

Das Jugendstrafrecht legt den Fokus auf Erziehung statt Bestrafung. Bei Jugendlichen (14-17 Jahre) und Heranwachsenden (18-20 Jahre) können mildernde Umstände berücksichtigt werden.

Präventive Maßnahmen und Legal Highs

  • Legal Highs und neue psychoaktive Substanzen: Diese fallen oft ebenfalls unter das BtMG oder das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG).
  • Informationen einholen: Vor dem Umgang mit Substanzen sollte die rechtliche Lage geprüft werden.

Fazit: Konsequenzen ernst nehmen und professionelle Hilfe suchen

Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz können schwerwiegende Folgen haben, die persönliche Freiheit, die berufliche Zukunft und die Fahrerlaubnis betreffen. Eine frühzeitige und kompetente anwaltliche Beratung ist unerlässlich, um Ihre Rechte zu wahren und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.